Wenn die Sprache auf Portugal als Urlaubsland kommt, fallen meistens schnell wahlweise die Worte Lissabon, Porto oder Algarve. Wenn meine Antwort darauf Douro-Tal ist, bekomme ich meist fragende Blicke zurück. Zum Glück muss ich sagen, denn noch ist der Norden Portugals ein Geheimtipp für Port-Liebhaber und Wanderer.

Während die beiden eben genannten Städte und der Süden rund um Faro in den letzten Jahren einen touristischen Boom erlebt haben und mittlerweile in keinem Europa-Reiseführer mehr fehlen, findet man zum Norden nur ein paar selbst verlegte Guides.

Ein eher modern zubereiteter Bacalhau mit leckerem, frischen Gemüse
Ein eher modern zubereiteter Bacalhau mit leckerem, frischen Gemüse

Für mich und meine bessere Hälfte versprach der Norden, was mich schon an der Via Francigena gereizt hatte: Abgeschiedenheit, nicht unbedingt ausgetretene Pfade und die Gelegenheit noch einmal abzuschalten bevor es in den geschäftlichen Endjahrespurt geht. Der Reisezeitraum Ende September/Anfang Oktober ist für die Region gerade noch machbar, um überwiegend warmes Wetter und Sonne mitzubekommen und etwas von der späten Wein-Lese mitzubekommen.

Portugal verfügt für Recherche-Verliebte und Neugierige wie mich über einen breiten Fundus an Aspekten: Da wären zunächst alle Fakten und Themen rund um das historische Portugal mit seiner Staats-Entwicklung unter den maurischen Eroberern und die Emanzipation von diesen.

Später die Abgrenzung zu Spanien, dann das Kolonialreich Portugal mit allen Höhen und Tiefen (Das Erdbeben von 1755) und am Ende die Salazar-Diktatur, die schließlich in der Nelkenrevolution fußte und uns einen freundlichen, weiteren europäischen Nachbarn schenkte.

Dann aber auch die kulturellen Aspekte wie die schwermütige, melancholische Fado-Musik, die Architektur und die sehr bodenständige, aber wundervolle Küche. Wer schon einmal die gefühlt hundert Varianten eines zubereiteten Bacalhau, guten einfachen Steaks oder ein Pastel de Nata probiert hat, weiß wovon ich spreche. Wer nicht hat jetzt ein paar neue kulinarische Recherche-Aufträge.

Und – dann ist da natürlich die lange Geschichte des Port, der seinen Namen der Stadt Porto verdankt von wo aus er verschifft wurde und wird. Die Port-Produktion ist auch die Geschichte zwischen Großgrundbesitzern und armen Weinlesern im bergigen Hinterland. Gleichzeitig auch die von risikofreundlichen teils britischen Port-Investoren und von Menschen, die dem großen Douro-Strom trotzten um mit ihren kleinen Booten gefüllt mit Port-Fässern genannt Rabelo über den Strom zu gleiten.

Douro-Tal: Ruhe, Gelassenheit und Entspannung

Ich habe das Douro Tal als etwas ganz besonderes erlebt: Natürlich hält auch hier der Tourismus Einzug und jedes Dort und jede Stadt versucht aus ihrer langen Port-Tradition Kapital zu schlagen. Das ist aber wohl kaum verwerflich.

Für mich war es die bodenständige Herzlichkeit mit der ich immer begrüßt wurde. Verglichen mit ihren lauten spanischen Nachbarn sind die Portugiesen sehr leise. Häufig auch etwas reservierter. Tauen sie aber auf, kann man sich ihrer Gastfreundschaft sicher sein. Das hieß eigentlich bei fast jedem Tages- und Übernachtungsstop mindestens ein Glas-Wein mal eben dazu zu bekommen.

Man merkt dabei: Die Winzer sind stolz auf ihren Wein. Und das muss nicht immer der Port sein: Auch wenn natürlich lange genau diese Art von Süßwein im Vordergrund stand wird heute auch mit der Produktion von Weiß-, Rot- und Roséwein experimentiert und es lohnt sich zu Kosten!

Reiseroute von Porto durchs Douro-Tal: https://goo.gl/maps/Dp1zYV9wArtqZPkV6

Gerade weil hier im Norden der Weinanbau, der Fluss und die zerklüfteten Hügel im Vordergrund stehen ist Ruhe vorprogrammiert: Die einzig echte Großstadt ist Porto vorne an der Küste. Wer wie wir eine Auto-Rundtour bis zur Grenze zu Spanien unternimmt der kann sich sicher sein, dass der meiste Stress durch enge Gässchen und überholende, bis oben hin beladene, Wein-Laster entsteht.

Gleichzeitig ist der Norden auch eng mit der früheren Geschichte des Landes verknüpft und bietet einige Sight-Seeing-Punkte: Hier im Norden starteten einige frühe Versuche der christlichen Reconquista, hier bildete sich rund um Porto die Grafschaft Portucale und hier soll in Guimarães der erste König Portugals Alfons I. geboren worden sein. Weiter westlich finden sich im Vale do Côa außerdem beeindruckende Felszeichnungen die wohl im Mittel 17.000 Jahre alt sind. Kurzum: Die Reise lohnt.

Douro-Tour von Porto zur spanischen Grenze und zurück

Unsere Tour startete mit einem Flug von Köln direkt nach Porto und setzte sich von dort mit einem Mietwagen fort. Wichtig zu wissen: Wir wollten die Region erkunden. Nicht alle Städte und Orte machen vielleicht auf den ersten Blick Sinn, nicht alle sind im Sight-Seeing Sinn wichtig. Manches Mal ging es uns allein um die nächste Quinta mit super Aussicht oder Abgeschiedenheit und Ruhe zum Entspannen.

Tipp!
Man mag versucht sein bei einem Roadtrip mit mehreren Stopps mit einem größeren Auto zu liebäugeln. Das kann ich für die Region nicht empfehlen. Die Straßen sind zum Teil eng, an manchen Stellen wäre schon mit einem normalen Mittelklasse-Wagen Schluss. Einen Stadt-SUV kann man vergessen. Gleichzeitig sollte das Auto ein paar PS für die Anfahrt im Berg mitbringen. Am besten also dem Auto-Verleih gleich mit auf den Weg geben, wo man hin will!
Paco de Pombeiro - Turismo de Habitacao
Die roten Blöcke sollen an Zinnen einer Burg erinnern.

Am ersten Tag führte uns unsere Tour erst einmal weg vom Fluss und hinauf in die Berge in unsere erste Unterkunft das Paco de Pombeiro – Turismo de Habitacao. Das Herrenhaus sowie die dazugehörigen modernen Zimmer in einem Anbau mit Außen-Pool gehört einem sehr gesprächigen Südafrikaner, der sich mit seiner ganzen Familie in das Anwesen verliebt hat. Von hier hat meine gute Möglichkeit einen Ausflug nach Braga oder Guimarães zu unternehmen.

Auch wir hingen diesem Plan an, haben uns aber für einen Spaziergang in den direkten Feldern entschieden und sind dabei auf die Monastery of Santa Maria de Pombeiro gestoßen. Ein Kloster das nach der Besatzung Portugals durch Napoleon aufgegeben wurde und das lange dem Verfall preisgegeben wurde. Seit einigen Jahre versucht Portugal seine zahlreichen Kloster wieder in Stand zu setzen.

Orgelspiel im Kloster: Unverhofft brilliant

Einen echten Guide oder eine planvolle Besichtigung gibt es nicht. Allerdings hat einer der Wärter des Anwesens sich zu etwas wie dem inoffiziellen Geschichtsbeauftragten entwickelt:

Eigentlich eingestellt, um ein paar Türen aufzuschließen, führt er interessierte durch das riesige Anwesen und berichtet mit einer Mischung aus Englisch, Portugiesisch, Händen und Füßen über die Geschichte des Ortes – als Krönung seiner Tour spielt der Geschichts-Autodidakt noch auf der restaurierten Orgel.

Tipp!
Unglaublich: Er hat sich das Spiel selbst mit dem Smartphone beigebracht, wie er berichtet. Denn als die Orgel in Stand gesetzt wurde, bekam er den Auftrag jeden Tag darauf ‚Happy Birthday‘ zu spielen, damit zumindest einmal am Tag die Balken-Anlage für die Zuluft genutzt wird. Da ihm das zu langweilig war lernte er andere Lieder. Totales Gänsehautfieber, wenn moderne Hits für 6-7 Zuhörer das alte Gemäuer durchschallen. Unbedingt Trinkgeld geben!
Quinta do Outeiro.
Das Gut umfasst viele Weinhänge, eine Haupt- und mehrere Nebenhäuser

Unser nächster Stop brauchte uns nach Resende mit anschließender Übernachtung in der Quinta do Outeiro. Der Ferienhof ist Teil eines Weinguts und tagsüber erschallt die Musik der Erntehelfer aus den Hängen. Von hier hat man einen tollen Blick über den Douro – wenn auch nicht den besten, wie sich später immer wieder zeigen würde.

Nachdem es am Fluss entlang nun zuerst leicht Richtung Osten ging fuhren wir unseren ersten wirklich langen Abschnitt bis nach Pinhão mit einer Übernachtung im Hotel Folgosa Douro. Über das Hotel muss nicht viel gesagt werden, außer das es modern ist und an der Straße liegt. Das Gepäck muss allerdings etwas aufwendig nach oben zum Haupthaus befördert werden.

Tipp!
Das Douro Tal trennt sich neben Ost- und Westlage auch noch in Süd- und Nordhang. Wir haben beide Hanglagen erkundet – entsprechend lang ist die Reiseroute mit ca. 300 KM. Man kann es sich einfacher machen und nur eine Seite erkunden. Logistisch ist dies auch teils einfacher: Von Norden nach Süden kommt man nur über 3 Brüchen oder Staudämme und wegen der Hanglagen gibt es teilweise keine gute Möglichkeit um zu drehen – spontan umdrehen ist daher schwierig.

Auf der anderen Straßenseite direkt am Fluss befindet sich das DOC – Chef Rui Paula des bekannten portugiesischen Michelin Star Kochs Rui Paula. Wer es schick und teuer mag ist hier sicher gut bedient. Wir wollten es eher bodenständig und wurden im Nahen La Bamba fündig. Keine Sterneküche, aber authentisch regional.

Stadt Pinhão: Von hier das Alto Douro erkunden

Port-Tasting auf Boot bei Pinhao auf Douro-Tal Tour

Das Douro-Tal gliedert sich in in die Bereiche der unter- und Oberlaufs des Flusses Douro und entsprechend gestaltet sich die Landschaft: Startet man in Porto noch dichtbesiedelt und sehr, sehr grün wird es je weiter westlich man kommt weniger statt bis man kurz vor Spanien auf fast verbranntes Land trifft. Auf etwa halber Strecke aber bereits im Hoch- oder Alto-Douro liegt die Kleinstadt Pinhão.

Der Ort liegt an der Mündung des Rio Pinhão in den Douro und damit im Zentrum des Weinbaugebiets. Mir persönlich war der Ort im Vergleich zur restlichen Region zu überlaufen. Das lag sicher an den Reisebussen – denn von Pinhão starten die Flussrundfahren. Auch wir konnten dem Charme einer solchen nicht wiederstehen – inklusive kleiner Port-Verkostung. Wer aber keine Lust auf solchen Trubel hat, kann Pinhão getrost bei seiner Reiseplanung ausklammern.

Von Pinhão führte uns unsere Reise uns über Vila Nova de Foz Côa nach Torre de Moncorvo und schließlich in einer Tagestour bis vor die Grenze Spaniens. Je weiter man in das Hochplateau der Region stößt, desto trockener wird es. Am Ende bleibt nicht viel vom satten Grün des Douro-Tals übrig. Die Region ist trotzdem die Reise wert – auch konnte ich einige Wanderwege entdecken, die ich mir für einen anderen Besuch vorgemerkt habe.

Tipp!
Das Alto-Douro beherbergt das älteste geschützte Weinanbaugebiet der Welt: Der bedeutendste portugiesische Staatsmann des 18. Jahrhunderts Marquês de Pombal schuf 1756 per Gesetz das Companhia Geral da Agricultura das Vinhas do Alto Douro und legte damit den Grundstein für das Weinbaumonopol am Douro.
Douro-Tal Tour: Abstecher ins Terraços de Baco:
Aussicht aus dem Terraços de Baco

Übernachtungstechnisch möchte ich das Turismo d’Aldeia in Bairro do Casal hervorheben: Zwar ist die Anfahrt durch eine sehr enge Straße etwas abenteuerlich („Bitte lieber Gott kein Gegenverkehr!“). Der Aufenthaltsort entschädigt aber. In einem sehr schön renovierten Stein-Haus mit angeschlossenem kleinen Pool und Aussucht über Teile des Tals fühlt man sich sofort wohl.

Um bei Unterkünften zu bleiben: Ich möchte noch zwei weitere Herausheben, die für mich besonders den Anspruch „Entspannung“ erfüllt haben. In beiden haben wir mehrere Übernachtungen verbracht und beide waren geprägt durch sehr freundliches Personal, herausragenden Ausblick und ein absolutes, entspanntes Feeling.

Da wär zunächst das Terraços de Baco: Der Eigentümer eines kleinen Weinguts hat sich hier seinen Traum einer kleinen Ferienanlage erdacht: Zwar sind die Zimmer vergleichsweise klein und hotelig – dafür ist die Aussicht über den Hang herausragend. Direkt an das Zimmer schließt ein toller Holz-Balkon an.

Ein Haus weiter gibt es einen riesigen Verkostungsraum, der mit Design-Wohnzimmer-Flair und riesigen Glas-Fenstern daher kommt. Zusammen mit dem Pool und einem Frühstücksraum im alten Bauern-Flair ein schöner Ort. Allerdings mitten im Berg. Ohne Verpflegung wird es schwer. Besonders am Wochenende: Die von anvisierten Restaurants hatten am Sonntag geschlossen. Und eine eigene Küche gibt es nicht. Allerdings darf man die Küche des Betreibers nutzen.

Tipp!
Die Unterkünfte im Alto-Douro haben häufig Küchen inbegriffen. Und das ist sinnvoll. Denn das nächste Restaurant ist häufig nicht in Lauf nähe. Auch nicht jeder Ort hat einen Supermarkt. Etwas vorausschauend einzukaufen lohnt also. Woran es aber in keiner Bleibe mangeln wird ist Wein. Wer also davon allein leben kann, wird von seinen Gastgebern stets versorgt sein.
Douro-Tal: Quinta Das Quintas & Spa
Das Apartment geht über 2 Stockwerke und bietet Platz für 4 Personen

Unser letzter Stopp nach Stippvisiten in Ribalonga, Peso da Régua und Baião führte uns ins Quinta Das Quintas & Spa. Die Quinta bietet alles von Wildtieren über Spa bis Pool und Essen. Wirklich angetan haben es mir aber die Wohn-Einheiten:

Bungalows und ein umgebautes kleines Haus stehen hier neben den Zimmern im Haupt-Haus zur Verfügung. Weil es unser letzter Stopp vor Porto war entschlossen wir uns für die „Villa mit einem Schlafzimmer“.

Soweit zu gehen es Villa zu nennen würde ich nicht. Aber es ist ein schönes kleines Haus, abseits der Hauptanlage mit einer atemberaubenden Terrasse (das Aufmacher-Bild dieses Artikels) mit Blick über den Fluss.

Wer nur einen Abstecher ins Tal plant, für den ist diese Location vielleicht Ideal: Neben dem Auto ist die Anlage auch mit dem kleinen Fluss-Zug erreichbar.

Portugals Norden und das Douro-Tal: Finale und Fazit

Im Anschluss ging es für ein finales Wochenende zurück an Porto. Die Stadt ist einen eigenen Bericht wert und ich kann noch gar nicht sagen, alles gesehen zu haben. Ich kann sie aber nur ans Herz legen. Durch ihre Ober- und Unterstadt bietet sich eine faszinierende, stufige Architektur am Berghang, tolle Möglichkeiten zum Essen gehen und zur Port-Verkostung.

Kurzum – Porto, Portugals Norden und besonders sein Douro-Tal sind eine Reise wert, wenn man eine Mischung aus Trubel (Porto) und Ruhe und Entspannung (das Douro-Tal) möchte. Für Strand-Liebhaber ist die Tour freilich nichts. Aber die zahlreichen Pools entschädigen alle, die bei Hitze zwischendurch eine Abkühlung brauchen.

Wichtige Fragen auf einen Blick

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